Endlich war es soweit, der einzige Abend, an dem Jürgen nicht kochte, weil
wir mal so richtig französisch Essen gehen wollten. Wir fuhren nach La Teste
und schon nach kurzer Zeit hatte Hopse ein nettes Zwei-Sterne-Restaurant entdeckt,
in dem es ein günstiges Menue für 150 F gab. Für Jürgen
und Meffi war dieser überteuerte Preis natürlich absolut inakzeptabel.
Sie argumentierten, daß ein Abendessen auf keinen Fall mehr kosten dürfe
als das bisher gesamt aufgewendete Lebensmittelbudget. Zum Glück fand Jürgen
kurz darauf ein Restaurant, das zwar nicht so gut aussah (es war regelrecht
schäbig und verdreckt) und auch keinerlei Sterne vorweisen konnte, aber
das Hauptkriterium erfüllte: Das Menue kostete luxuriöse 75 F
und war deshalb gemäß Jürgens Logik wesentlich besser als in
dem anderen Restaurant.
Wir setzten uns also und gaben unsere Bestellung auf. Meffi und Jürgen
verlangten das Menue, worauf ihnen der Kellner einen abschätzigen Blick zuwarf.
Hopse, der schon vor Wut kochte, und Joachim wählten sich aus der Karte aus
jeder Abteilung etwas, ohne eigentlich genau zu wissen was es war, wenn es
nur mindestens 50 F kostete. Das Essen war eigentlich gar nicht so schlecht,
obwohl Jürgen und Meffi wohl nicht sehr zufrieden waren, dies aber natürlich
nicht zugaben.
Jeder hatte als Nachtisch eine Käseplatte bestellt. Jürgen und Meffi bekamen
ihre Teller, worauf Joachim und Hopse lauthals lachten. Auf jedem Teller lagen
nämlich zwei winzige Stückchen Käse in der Größe einer Streichholzschachtel.
Dann wurden die teuren Käseplatten gebracht. Was für eine Enttäuschung.
Joachim und Hopse bekamen genau das gleiche in gleicher Größe, aber ein
Stückchen Käse mehr.
Das war ein wirklich gelungener Abend. Hopse, der für seine Eselsgeduld bekannt war und sich eigentlich durch nichts aus der Ruhe bringen ließ, schwieg. Es war ein eisiges Schweigen voll konzentrierter Wut, die eine Woche lang täglich geschürt worden war und jetzt kurz vor dem Ausbruch stand. Glücklicherweise war das nächste Reiseziel, zu dem am nächsten Morgen aufgebrochen werden sollte, schon vorher festgelegt worden.
Es war ein demokratischer Entschluß, daß wir in Richtung Bretagne¹
weiterfahren würden. Meffi hatte unbedingt nach Süden gewollt, Hopse,
aus purem Trotz, unbedingt in Richtung Norden. Und Jürgen und Joachim,
denen es völlig egal war, hatten schließlich für Norden gestimmt,
nur um gegen Meffi zu sein, der sich bisher immer für die Planung verantwortlich
gefühlt hatte, aber durch diese Abstimmung seine selbsternannte Häuptlingsposition,
die sowieso nie jemand ernstgenommen hatte, endgültig verlor.
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© 1999 T. Eitel